Technik der Gebäudeautomation

Unter dem Begriff Gebäudeautomation werden eine Vielzahl von digitalen Steuerungssystemen angeboten. Was gilt es bei der Auswahl zu beachten?

Ein klar definierter Begriff

Unter Gebäudeautomation werden verschiedene Ansätze zur automatischen Steuerung und Regelung von technischer Gebäudeausrüstung verstanden. Diese reichen von der automatisierten Steuerung von Heizungsanlagen über die Regelung von Beleuchtung, Verschattung sowie Sicherheitstechnik in Gebäuden.

Verwirrend ist, dass die Technik auch unter den Begriffen Smart Home sowie Smart Building beworben wird. Dies macht eine Orientierung schwierig. Nicht immer ist klar, was die Systeme leisten und welche Energieeinsparungen mit ihnen erzielt werden können. Wir nutzen daher den Begriff der Gebäudeautomation (GA). Dieser ist in der DIN EN 15232 „Energieeffizienz von Gebäuden – Teil 1“ definiert.

Gebäudeautomation umfasst laut der DIN EN 15232-1 „Einrichtungen, Software und Dienstleistungen für [die] automatische Steuerung und Regelung (…) der technischen Gebäudeausrüstung.“ Als technische Gebäudeausrüstung bezeichnet man die „Ausrüstung für Heizung, Kühlung, Lüftung, Befeuchtung, Entfeuchtung, Trinkwarmwasser, Beleuchtung und Stromerzeugung“. Unter Energiemanagement wird ein System verstanden, dass die Energieeffizienz durch ein systematisches Management der Energienutzung verbessert.
Quelle: DIN EN 15232-1

Effizienzklassen ermöglichen Einsparungen

Im Gegensatz zu Smart Home und Smart Building ist der Begriff Gebäudeautomation in der DIN EN 15232-1 klar definiert. Die Norm beschreibt außerdem Automationsgrade. Diese fassen technische Funktionen in Energieeffizienzklassen (A, B, C und D) zusammen, die erfüllt sein müssen, um im Rahmen eines Energiemanagements Einsparungen in Gebäuden zu erzielen. Prinzip der Effizienzklassen ist, dass mit steigendem Umfang der Regelung und des Automationsgrads mehr Energie eingespart wird.

GA-Energieeffizienzklassen und Faktor für den Bedarf an Wärmeenergie

WohngebäudeABCD
Hohe EffizienzErhöhte EffizienzStandardNicht effizient
Faktor fBAC, th50,810,8811,10
Nicht-WohngebäudeABCD
Hohe EffizienzErhöhte EffizienzStandardNicht effizient
Faktor fBAC, th130,5 – 0,860,73 – 0,9111,2 – 1,56

Quelle: DIN EN 15232-1, Eigene Darstellung Borderstep Institut

Die höchste in der Norm beschriebene Effizienz wird mit einem System der Klasse A erreicht. Diese umfasst eine in das technische Gebäudemanagement integrierte, bedarfsgeführte Einzelraumregelung sowie eine Präsenzerkennung, die mit der zentralen Heizungssteuerung im Gebäude kommunizieren. Damit können 19 Prozent Energieeinsparung erreicht werden. Ein System der Klasse B verfügt z.B. über eine adaptive Einzelraumregelung, die mit einem Gebäudeautomationssystem kommuniziert. Hiermit können 12 Prozent Einsparungen erzielt werden. Ein Standardsystem (Klasse C) verfügt dagegen über eine Regelung auf Raum- und Gebäudeebene ohne Vernetzung. Diese Regelung entspricht dem Standard in vielen Gebäuden und wird daher mit 0 Prozent Einsparung gleichgesetzt. Klasse D bedeutet keine automatische Regelung und damit ein Mehrverbrauch an Energie gegenüber dem Standard von 10 Prozent.

Entscheidend ist, dass die DIN EN 15232-1 allein keine Energieeffizienz garantiert. Sie beschreibt nur wieviel Energie eingespart werden kann, wenn eine entsprechende Technik eingesetzt, richtig installiert und betrieben wird.

Die Energieeffizienzklassen sind auch für die energetische Gebäudeplanung und -sanierung wichtig, denn die Einsparwirkung darf nach dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) bei der Ermittlung des Energiebedarfs von Gebäuden berücksichtigt werden.

Technischer Aufbau und typische Komponenten der Systeme

Abhängig vom Automationsgrad und der Energieeffizienzklassen umfasst eine Gebäudeautomation typische Komponenten, die in den Wohnungen und dem Heizungskeller zum Einsatz kommen. Dazu gehören:

  • Sensoren, z.B. zur Messung von Temperatur, Luftqualität, Helligkeit oder Anwesenheit
  • Aktoren, z.B. zur Steuerung von Wärmeströmen (Stellantriebe, Ventile, Drosseln, Pumpen, etc.) sowie steuerbare Schalter und Antriebe zur Kontrolle von Luftströmen (Belüftung, Klimatisierung, etc.), Verschattungsvorrichtungen (Jalousien, Lamellen, etc.) oder Schaltvorrichtungen für Stromverbraucher.
  • Steuergeräte (auch Controller genannt), die auf unterschiedlichen Ebenen (Wohnung, Gebäude, Quartier) Steuerungs- und Optimierungsaufgaben übernehmen. Diese Geräte sind programmierbar und steuern bzw. optimieren den Energieverbrauch.
  • Anzeigeeinrichtungen, über die die Steuergeräte bzw. -einheiten bedient werden und auf denen Auswertungen oder Feedbacks der Systeme ausgegeben werden können. Je nach Anbieter werden die Anzeigeeinrichtungen über eigene Bildschirme oder als Apps auf Smart-Phones, Tablets, etc. umgesetzt.

Die genannten Komponenten der Gebäudeautomation sind draht- oder funkgebunden miteinander vernetzt. Dabei werden Informationen über verschiedene Ebenen hinweg aggregiert (Wohnung, Gebäude, Quartier).
Durch die Aggregation werden die Daten zudem anonymisiert und die Menge vermindert. Dies trägt zur Stabilität der Systeme, einem geringen Eigenenergieverbrauch und dem Datenschutz bei.

Effizient heizen: Mit Gebäudeautomation den Wärmenbedarf optimal kalkulieren

Quelle: Eigene

Der Heizkreislauf mit einer Gebäudeautomation der Energieeffizienzklasse A

Sensoren für Außen- und Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und Anwesenheitserkennung liefern Daten für die passgenaue Berechnung des Warmwasserbedarfs. Dank einer automatisierten Abfrage der Wettervorhersage durch die zentrale Steuereinheit werden auch prognostizierte Temperaturschwankungen in die Kalkulation einbezogen. Auf dieser Grundlage wird die Heizkurve kontinuierlich optimiert und die benötigten Wärmemenge in den Wohnungen bestimmt. Aktoren (z.B. funkgesteuerte Thermostate) sorgen anschließend für eine passgenaue Abgabe der Wärme in jedem Gebäudeteil.

Heutige und zukünftige Einsatzfelder von Gebäudeautomation

Mit Gebäudeautomation lässt sich der Energieverbrauch von Heizung und Warmwassererzeugung in Gebäuden verringern. Hier liegt das größte Einsparpotenziale für (Energie-)Kosten und Emissionen.

Die Systeme können auch eingesetzt werden, um den Stromverbrauch (z.B. Beleuchtung), die Verschattung (z.B. Jalousien) sowie Sicherheitstechnik in Gebäuden automatisch zu steuern. Es wird dafür mehr Technik benötigt und der Regelungsaufwand steigt – die möglichen Energieeinsparungen allerdings auch.

Zukünftig können mit Gebäudeautomation weitere energetische Optimierungsprobleme gelöst werden. Diese sind z.B. die Nutzung eigenerzeugter Energie aus Photovoltaik, Kraft-Wärme-Kopplung oder Wärmepumpen. Möglich ist auch die Eigennutzung im Gebäude gegen den Bezug von Energie aus dem Netz (Wärme, Strom, Erdgas) zu optimieren. Solche Abwägungen werden mit dem Voranschreiten der Energiewende in Gebäuden gelöst werden müssen. Eine gute Gebäudeautomation kann schrittweise erweitert werden und solche Aufgaben übernehmen.

Checkliste Technikauswahl

  • Sortieren Sie den Gebäudebestand ihres Unternehmens nach Baualtersklassen1, Sanierungszustand und Gebäudetyp in einer Tabelle.
  • Ergänzen Sie Daten zur Wärmeversorgung: Heizart (Zentralheizung, Etagenheizung oder Fernwärme) und Heizungstyp (Blockheizkraftwerk, Gas, Öl, Biomasse, Wärmepumpe etc.).
  • Ermitteln Sie den jährlichen klimabereinigten2 Verbrauch der einzelnen Gebäude für Heizung und Warmwassererzeugung.
  • Verschaffen Sie sich einen Überblick über bereits eingesetzte Technik, Software und Dienstleistungen für das Monitoring von Energiedaten oder die automatische Steuerung und Regelung des Energieverbrauchs in Ihren Gebäuden. Notieren Sie, wenn möglich, die in der DIN EN 15232-1 beschriebenen Energieeffizienzklassen der eingesetzten Technik.
  • Prüfen Sie, ob Ihr Unternehmen eigene Kompetenzen und Fachpersonal für die Auswahl und Umsetzung einer Gebäudeautomation verfügt.
  • Prüfen Sie, ob sich Ihr Unternehmen kurz-, mittel- und längerfristige Ziele für Energieeinsparungen und Emissionsminderung in Ihren Gebäudebeständen gesetzt hat. Achten Sie darauf, ob diese Ziele mit einer Umsetzungsstrategie verbunden sind und überprüfen Sie nach Möglichkeit deren Plausibilität.
  1. Für eine Beschreibung der Baualtersklassen siehe z.B. die Gebäudetypologie des Instituts für Wohnen und Umwelt (IWU): Deutsche Gebäudetypologie
  2. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) stellt Klimafaktoren zur Bereinigung des Heizenergieverbrauchs bereit. Damit kann der Energieverbrauchskennwerte in Bezug zur Außentemperatur und Länge der Heizperiode gesetzt werden. Siehe Deutscher Wetterdienst: Klimafaktoren (KF) für Energieverbrauchsausweise